Introversion im Arbeitsalltag

& wie sie sich im Verhalten von Mitarbeitenden zeigen kann. Ein Erfahrungsbericht.

Ich bin introvertiert.

Und bevor ich darauf mehr eingehe, kurz eine Begriffserklärung zu Beginn: Introversion ist nicht gleichzusetzen mit Schüchternheit oder Zurückhaltung. Das können begleitende Eigenschaften sein, ja – introvertierte Menschen können jedoch auch einen extrovertierten und aufgeschlossenen Eindruck machen.

Introvertiert bedeutet, dass die Interaktion mit Menschen Personen mehr Energie zieht als sie ihnen gibt. Bei extrovertierten Menschen ist es entsperrend andersrum, sie erhalten Energie aus der Interaktion mit Menschen.

Ganz normale Situationen im Arbeitsalltag bei mir:

  • „Kommst du mit Mittagessen? Wir gehen gemeinsam.“ – „Puh. Lieb, dass du fragst. Aber mir ist eher nach einer Pause für mich alleine.“
  • „Bleibst du noch auf ein Getränk nach der Arbeit?“ – „Ne, sorry. Aber ich bin platt und fahre nach Hause.“
  • „Die Firmenfeier hat doch gerade erst begonnen. Möchtest du wirklich schon gehen?“ – „Ja, sieh es mir nach, meine Akkus sind leer.“

Leider erhalte ich nach wie vor noch irritierte Blicke oder Unverständnis auf meine Rückmeldungen. Gleichzeitig muss ich mich oft für meine introvertierte Seite erklären und verdeutlichen, dass es nichts mit dem Unternehmen oder dem Team zu tun hat. (Entsprechend zählt bei mir auch nicht „wie oft bleibst du auf ein Getränk danach“ oder „wie lange bleibst du auf der Firmenfeier“ als Indikator für „wie gut geht es dir im Unternehmen“. Btw.- Sowieso ein schwieriger Rückschluss. Aber gut.)

Du kannst dir sicher vorstellen, dass das grundsätzlich eher unangenehme Situationen für mich sind. Gleichzeitig sind meine Akkus nach einem Tag voller Mitarbeitenden- und Bewerbungsgesprächen, internen Absprache, Meetings und einer Teammittagspause einfach leer oder schon weit im Minus.

Ich liebe meinen Beruf. Ich liebe die Kommunikation und die Interaktion mit Menschen und ich blühe innerhalb dieser Tätigkeiten sehr auf. Gleichwohl weiß ich jedoch, dass es mir viel abverlangt.

Was mir hilft oder was ich mir von meinem Umfeld wünschen würde?

  • Macht Teamworkshops, in denen die Zusammenarbeit und Persönlichkeitseigenschaften der Teammitglieder im Fokus stehen. Ich habe bspw. schon öfters an verschiedenen Formaten teilgenommen, in denen sehr offen über solche Eigenarten gesprochen wurden. Es hilft enorm, um sich gegenseitig zu verstehen und besser miteinander arbeiten zu können.
  • Menschen sind unterschiedlich: Irritierende Blicke, hartnäckiges Nachfragen oder mögliches Überreden, helfen Niemanden und führen nur zu unangenehmen Situationen. Ich finde es da viel schöner, wenn Menschen sich dafür einfach freuen, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt dabei war.
  • Lasst Personen Freiraum im Arbeitsalltag. Rückzugsorte zum Durchatmen, Pausen zur eigenen Gestalten, Arbeitsphasen ohne Interaktion und versteht dies nicht als persönliche Ablehnung.
  • Bedenkt, dass Firmenfeier, Teamevents und gemeinsame Mittagspausen eben auch Arbeitszeit ist und daher andere Ressourcen benötigen.

Für mich persönlich ist meine Freizeit dafür da meine sozialen Batterien wieder aufzufüllen, daher bleibe ich selten auf ein „Getränk nach der Arbeit“

Sprecht offen mit Menschen darüber was sie brauchen, um sich auf der Arbeit wohl zu fühlen und die beste Version von sich selbst sein zu können.

Kommt euch das Verhalten bekannt vor? Wie ladet ihr eure Energien im Arbeitsalltag wieder auf? Was sind eure Kniffe und wie seht ihr das?