Sinnsuche und Sicherheitsbegehren - Können wir beides haben?

Eine Person, die auf Steinen über Wasser geht

Der Spruch „Die 30er sind die neuen 20er“ – scheint vielleicht schon eine erste Idee davon zu vermitteln, was viele junge Erwachsene empfinden, die nun die magische Zahl „30“ erreichen.

Gesellschaftlich scheint diese Zahl irgendwie eine große Nummer zu sein. Seitdem ich die 25 überschritten habe, wurde ich immer öfter damit konfrontiert. Die Dreißiger scheinen irgendwas Aufregendes, Besonderes, „Erwachsenes“ zu haben.

In mir persönlich hat es unbewusst jedoch eher eine gewisse „Ehrfurcht“ oder Erwartungshaltung wachsen lassen. Und vor allem, hat es in mir verschiedene Fragen aufgeworfen:

  • „Was möchte ich für mich von dem nächsten Jahrzehnt?“
  • „Was habe ich für mich für ein Ziel oder Ziele?
  • „Was möchte ich erleben, erreichen oder gestalten?“
  • „Was möchte ich nicht mehr für mich und mein Leben?“
  • „Was hätte ich laut gesellschaftlichen Konventionen denn schon erreichen müssen?“

Als Zugehörige zur Gen Y, bin ich übrigens prädestiniert dafür mir diese Fragen zu stellen, streben wir doch nach Selbstbestimmung und schweben zwischen „Sinnsuche und Sicherheitsbegehren“. Wir sind einer der ersten Generationen, die ihre Individualität wahrnehmen dürfen und (aus-)leben wollen und gleichzeitig die Generation, die noch sehr von den Glaubensätzen und Überzeugungen der vorangegangenen Generationen geprägt wurden.

Plakativ gesagt, vereinen wir wohl zwei Welten und haben den undankbaren Platz des „Sandwichkindes“ eingenommen. Wohlgemerkt geht es hier nicht darum, welche Generation es „schlechter“ oder „besser“ hat(te). Das ist keine Debatte, die ich führen möchte oder anstacheln möchte. Ich möchte lediglich auf die spezifischen Herausforderungen der Generationen hinweisen, die zu manch einem generationsübergreifenden Missverständnis führen.

Je mehr ich mich mit dieser Zahl und dem dazugehörigen Lebensabschnitt beschäftige, desto mehr kann ich nun verstehen warum vielen Menschen mit Anfang oder Mitte dreißig nochmal auf Reisen gehen. Denn ehrlicherweise kann man sich schon von jetzt auf gleich, ohne dass sich irgendwas geändert hat (!), ziemlich verloren fühlen!

Die anderen Jahrzehnte hatten immer bereits vordefinierte Ziele. Sei es Schule, Schulabschluss, Studium, Studienabschlüsse, der Berufseinstieg und dann auf die Wunschposition hinarbeiten. Gleichzeitig wurden wir möglicherweise von unseren Familien geleitet. Haben einen Weg vorgezeichnet bekommen, der auch unserer sein könnte.

Aber dann begegnen uns so viele andere Weltanschauungen, Blickwinkel und vor allem Möglichkeiten. Und schon sind die 30er da, die dann doch kein vordefiniertes Ziel mehr zu haben scheinen; jedenfalls nicht, wenn Familie, Kind und Haus nicht unbedingt in der Lebensplanung integriert wurden.

Während also die Generationen „vor uns“ größtenteils diesem klassischen Lebensentwurf gefolgt sind, wartet auf die Generationen „nach uns“ mit Namen wie „z“ (1997 – 2010) und „alpha“ (2010 – heute) schier endlose Möglichkeiten, die natürlich auch durch das digitale Zeitalter geprägt ist.

Diese Darstellung macht meines Erachtens deutlich, warum ich eben den Begriff des „Sandwichkindes“ in den Raum geworfen habe und wie das Streben der Sinnerfüllung bei gleichzeitigem Sicherheitserleben aufgekommen ist.

Das bedeutet gleichzeitig, dass es nun Personen gibt, die dem klassischen Lebensentwurf nicht mehr so recht folgen möchten und denen gleichzeitig diese Vielzahl an Möglichkeiten (und damit auch Unsicherheiten) großen Respekt einjagt.

Wir wagen uns auf neues Terrain und sind nun selbstständig dafür verantwortlich beiden Welten Tribut zu zollen und diesem neuen Jahrzehnt einen Sinn oder ein Ziel zu geben.

Und das ist irgendwie neu. Erfrischend anders, beängstigend anders, überfordert anders, begeisternd anders, energetisierend anders, chaotisch anders und gleichzeitig hoffnungsvoll anders.

Nun heißt es vor allem im engen Austausch mit sich selbst zu bleiben. Es dürfen mögliche Antworten gefunden werden und wieder verworfen werden. Es darf überfordernde und klare Tage geben.

Alles darf sein! Vor allem auch die Sehnsucht nach der Sinnerfüllung und der innige Wunsch nach Sicherheit. Das ist wohl oder übel unsere „Bürde“ als Sandwichkind.

Bis bald,
Pia